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Brief an das Gesundheitsministerium


geschrieben am 30.10.2018


Bundesministerium für Gesundheit Friedrichstr. 108 10117 Berlin Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister Spahn,

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute muss ich mich mit meinen Anliegen und meiner Meinung an Sie wenden. So wie bisher kann und darf es mit unserem deutschen Gesundheitssystem nicht weitergehen. Ich spreche hier nicht nur für mich, sondern auch für viele Verwandte, Bekannte, Kollegen und weiteren Personen aus meinem Umfeld.

In der Presse hört und liest man immer wieder, dass die Bundesbürger viel zu häufig zum Arzt gehen. Ich habe mich gefragt, ob das auch auf mich zutrifft. In den letzten Monaten blieb mir dann keine Wahl. Aufgrund von unzureichender Planung in den Arztpraxen musste ich mehrere Arztbesuche machen, die nicht hätten sein müssen. Bereits bei der Planung meiner Gelenks-Operation wurde mir vom Operateur gesagt, dass ich mit einer Arbeitsunfähigkeit von 4 bis 6 Wochen rechnen muss. Krankgeschrieben wurde ich nach der OP dann aber zunächst nur für 14 Tage. Zum Fäden ziehen sollte ich aber bereits nach 10 Tagen den Arzt konsultieren. Also ein notwendiger Arztbesuch nach 10 Tagen zum Fäden ziehen und ein unnötiger zusätzlicher Arztbesuch 4 Tage später wegen der Folge-AU-Bescheinigung.

Diese hätte mir der Arzt natürlich auch ohne einen Besuch ausstellen können, aber da ich als Patient dem Arzt sagen musste, wie lange ich denn wohl noch arbeitsunfähig sein werde, musste ich ihn persönlich aufsuchen.


Ganz ähnlich lief es mit meiner Hausärztin ab. Sie bestand auf einen Termin in ihrer Praxis damit sie mir eine AU-Endbescheinigung ausstellt. Auch musste ich einen Termin bei ihr vereinbaren, damit sie mir den Befundbericht für meinen Antrag zur Rehabilitation für die Deutsche Rentenversicherung Bund ausstellen konnte. Ich habe nur daneben gesessen, während sie das Formular ausfüllte.


Derartige Arztbesuche sind überflüssig und könnten vermieden werden, wenn die Ärzte sich besser organisieren würden. Auch bekommt man immer mehr den Eindruck, dass die Ärzte lediglich auf Profit aus sind und dieses Ziel um jeden Preis verfolgen. Auch auf dem Rücken der Patienten. Zudem verstärkt sich der Eindruck, dass die Ärzte an Kompetenz, Einsatz und Freundlichkeit immer mehr zu wünschen übrig lassen. Vielleicht irre ich mich, wenn ich erwarte, dass die Fragen nach den Behandlungsmöglichkeiten, nach der Belastbarkeit nach meiner Schulter-OP, nach der voraussichtlichen Dauer einer Arbeitsunfähigkeit und der Notwendigkeit von Physiotherapie vom behandelnden Arzt zu beantworten sind und nicht von mir als Patientin. Bedauerlicherweise bin ich kein Fachmann für Orthopädie, sonst hätte ich dem Orthopäden diese Fragen gerne beantwortet. Dagegen hätte ich Fragen nach meinem Befinden, nach der Stärke der Schmerzen und den Einschränkungen durchaus gern beantwortet. Auch gegen eine Untersuchung meiner Beweglichkeit hätte ich keine Einwände gehabt.


Vor der OP war ich lange bei diesem Arzt in Behandlung. Zweimal wurde ich von ihm zur Feststellung der Diagnose ins MRT überwiesen. Direkt im Anschluss, mit vorliegenden Röntgenbildern und Befundbericht fragt mich der Arzt, was er denn nun für mich tun könnte. ... Mal abgesehen davon, dass es diesem Arzt, sowie leider auch vielen anderen Ärzten, an sozialer Kompetenz fehlt, wird von mir also erwartet, dass ich mir den Befundbericht selbst „übersetze“, damit ich erfahre, was meine Beschwerden verursacht, dass ich dann auch genau weiß, welche Behandlung die für meine Beschwerden passende ist und wie lange ich damit arbeitsunfähig sein werde. Wenn ich dann darauf verärgert reagiere, muss ich mir von dem Arzt noch vorwerfen lassen, dass ich ihn vorführen will, man nicht mit mir reden kann und ich unkooperativ bin.

Und für diese schlechte Leistung und den dürftigen Service werden diese Ärzte auch noch genauso gut (oder schlecht) bezahlt, wie die vielen kompetenten und durchaus freundlichen und hilfsbereiten Ärzte. Hier würde ich mir eine Art Punktesystem wünschen, nach dem die Ärzte und auch ihr Team von Patienten beurteilt werden und auch mit entsprechenden Maßnahmen belohnt oder abgemahnt werden. Auf dieses System müssten dann sämtliche Krankenkassen und auch die Ärztekammer Zugriff erhalten. Meine Arbeitsunfähigkeit hat dann 7 Wochen gedauert und somit bin ich ins Krankengeld gerutscht. Eine Erkältung kam noch hinzu und so wurde ich dann auch noch eine 8 Woche von meiner Hausärztin krankgeschrieben. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen überschnitten sich um 3 Tage und somit war dann auch die 8 Woche mit anderer Erkrankung für mich eine Krankengeldwoche. Meine Hausärztin hat das nicht gewusst und konnte mich deshalb auch nicht darüber aufklären. Es kommt sicher auch nicht häufig vor, dass ein Patient wegen 2 unterschiedlichen Diagnosen zur gleichen Zeit 2 AU-Bescheinigungen erhält. Deshalb wusste meine Ärztin offenbar auch nicht, dass sie dann für die Ausstellung der Endbescheinigung zuständig ist. Anstatt sich aber darüber bei der Krankenkasse zu informieren, nachdem ich diese Bescheinigung bei ihr angefordert habe, hat sie sich schlicht geweigert, mir diese auszustellen. Da stehe ich dann also zwischen der Ärztin und der Krankenkasse und kann zusehen, wie ich an mein Krankengeld komme. Bei meinem nächsten Besuch wegen des o.g. Befundberichtes zu meinem Reha-Antrag musste ich mich dann von der Ärztin anbrüllen lassen und mir sagen lassen, dass ich doch nicht alles glauben soll, was mir die Krankasse sagt und dass ich mir einen anderen Hausarzt suchen soll.

Kaum zu glauben, aber wahr!

Auch derartige Erlebnisse führen zu unnötigen Arztbesuchen, wenn man nämlich bei einem Arzt nicht weiterkommt, oder schlecht behandelt wird und wegen derselben Beschwerden einen anderen Arzt mit gleicher Spezifikation aufsuchen muss. Hinzu kommen die großen Probleme, die man als Patient hat um überhaupt einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen. Die kompetenten Ärzte gehen immer mehr dazu über keine Kassenpatienten zu behandeln. Die Kassenärzte können immer häufiger keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Bei meinem Versuch einen Hautarzttermin zu bekommen, musste ich 10 Ärzte anrufen bevor ich bei dem 10. Arzt einen Termin 3 Monate später zu erhalten.

Die Bedingungen für die Verordnung von Physiotherapien und die Physiotherapie-Praxen werden immer strenger und aufwendiger- Auch hier ist die Aufmerksamkeit und das Wissen der Patienten gefragt. So muss ich als Patient kontrollieren, ob der Arzt alle Häkchen und Kreuzchen auf der Verordnung richtig setzt und auch genügend Zeit zur Terminvereinbarung in der Physiopraxis einräumt, damit der Patient den ersten Termin fristgerecht vereinbaren kann. Zum Glück lebe ich in Hamburg, einer Großstadt mit nicht genug aber doch vielen Ärzten und Therapiezentren und kann den Arzt einfach wechseln, aber ich höre ganz ähnliche Klagen immer wieder auch aus meinem Bekannten- und Verwandtenkreis. Besonders problematisch sind derartige Erlebnisse in nicht so dicht besiedelten Gegenden, in denen auch die Ärzteauswahl stark eingeschränkt ist.

Meine Frage an Sie:

Muss man sich in unserem Land, insbesondere als ständig arbeitender und steuerzahlender Bürger derart (im wahrsten Sinne des Wortes) „behandeln“ lassen? Es wundert mich da nicht, dass immer häufiger der Notärztliche Dienst oder aber sogar der Rettungsdienst und die Notaufnahmen der Krankenhäuser zur Behandlung kleiner und einfacherer Erkrankungen „missbraucht“ werden. Die Menschen sind es häufig leid, oben geschildertes für die Linderung und Behandlung ihrer Beschwerden auf sich zu nehmen. Häufig leider auch völlig zu recht.

Auch wundert es mich nicht, dass immer wieder Stimmen laut werden, die auch für diese Ärgernisse das Zuwanderungsproblem verantwortlich machen. Es muss u.a. dringend an unserem Gesundheitssystem gearbeitet und reformiert werden, um eine Zuspitzung der Verhältnisse zu verhindern und die Niederlassung von Haus- und Fachärzten attraktiver zu machen.

In freudiger Erwartung Ihrer Stellungnahme bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und verbleibe

mit verärgerten Grüßen ... PS: Eine Weitergabe/Veröffentlichung dieses Schreibens behalte ich mir ggf. vor.

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